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„It-Girls“ der Gen Z: Authentizität als neues Statussymbol

In den 2000er-Jahren lebten It-Girls auf Distanz. Man bewunderte sie aus der Ferne - nicht, weil sie greifbar waren, sondern gerade weil sie es nicht waren. Paris Hilton, Nicole Richie oder Lindsay Lohan verkörperten eine Ära des Glamours, der Unerreichbarkeit, der Inszenierung. Ihre Leben wirkten wie Reality-TV-Folgen mit Budget - extravagant, dramatisch, aber letztlich unnahbar.
Heute hat sich dieses Bild radikal gewandelt. Die It-Girls der Generation Z funktionieren anders. Sie sind nicht unantastbar - sie sind emotional zugänglich. Nicht makellos, sondern gewollt ungeschönt. Und nicht länger definieren sie sich über Exklusivität, sondern über Echtheit. Authentizität ist ihr Kapital - und das neue Statussymbol.
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Vom Glanz zur Glaubwürdigkeit
Während das It-Girl früher ein Symbol für gesellschaftliche Spitze war, agiert es heute als Spiegel. Die It-Girls der Gen Z erzählen keine Luxusmärchen, sondern Alltagsepisoden.
Was früher eine PR-kuratierte Erzählung war, ist heute eine Mischung aus Vlog, Tagebuch und Kommentar zur eigenen Fragilität.
Typische Merkmale des neuen It-Girl-Phänomens:
  ● Selbstoffenbarung statt Selbstinszenierung - persönliche Themen wie Angstzustände oder Selbstzweifel gehören zur digitalen Identität
  ● Low-Fi statt High Gloss - Digitalkamera-Ästhetik, verwackelte Storys, und unsortierte „Foto-Dumps“ ersetzen polierte Instagram-Feeds
  ● Humor & Ironie als Waffe - Meme-Kultur und selbstironische Selbstdarstellung wirken verbindend, nicht distanzierend
  ● Zugehörigkeit statt Exklusivität - viele neue It-Girls entstammen TikTok-Subkulturen und Mikro-Ästhetiken wie "clean girl", "weird girl" oder "coquette"
Kategorie2000er It-GirlGen Z It-Girl
ÄsthetikHochglanzLo-Fi, verwackelt, spontan
KommunikationsstilPR-gesteuertTagebuchartig, direkt, nahbar
PlattformKlatschpresse, TVTikTok, Instagram, YouTube
ZielwirkungBewunderung, ExklusivitätNähe, Zugehörigkeit, Echtheit
Authentizität als durchdachte Strategie
Was dabei besonders auffällt: Diese neue Form von Nahbarkeit ist kein Zufall. Sie ist kuratiert - aber nicht im klassischen Sinn. Die neue Inszenierung lebt von ihrer scheinbaren Planlosigkeit. Der Algorithmus bevorzugt nicht das Schönste, sondern das Echteste - oder besser: das, was wie Echtheit wirkt.
Typisch sind Inhalte wie:
  ● Vlogs, die das Unperfekte betonen - ein chaotischer Morgen, ein schlechter Tag, ein ehrliches Self-Talk
  ● Selfies mit Augenringen, ohne Filter - oder mit Filtern, die genau das ironisieren
  ● Statements zu mentaler Gesundheit oder gesellschaftlichen Themen - ehrlich, aber kalkuliert getimt
Diese Inhalte erzeugen Nähe. Und Nähe erzeugt Bindung - nicht nur zwischen Creator und Publikum, sondern auch zwischen Community-Mitgliedern untereinander.
Digitale Subkulturen als neue Relevanzräume
Viele It-Girls der Gen Z entstehen nicht im Mainstream, sondern an dessen Rändern. TikTok-Ästhetiken sind nicht nur Modetrends, sondern kulturelle Ausdrucksformen mit eigenen Regeln. Hier geht es nicht um Likes im klassischen Sinn - sondern um Zugehörigkeit.
Drei prominente Ästhetiken im Überblick:
  ● Clean Girl: Minimalismus, Hautpflege, weiße Tops, goldener Schmuck, sanfte Lichtstimmung
  ● Weird Girl: Übertreibung, absurde Kombinationen, bewusstes Stilbrechen
  ● Coquette: Vintage-Vibes, Lolita-Anleihen, verspielte Nostalgie mit feministischer Brechung
Diese Mikroszenen erzeugen Identität - und mit ihr: neue Stars. Ihre Bekanntheit entsteht durch Resonanz, nicht durch Reichweite allein.
Verletzlichkeit als Markenzeichen
In modernen Corporate-Influencer-Programmen werden Mitarbeitende zu eigenständigen Stimmen - mit Training, redaktioneller Unterstützung und klarer Zielsetzung. Wichtig dabei: Authentizität vor Abstimmung. Nur wer mit echter Überzeugung postet, erzeugt Resonanz.
Unternehmen, die dies erfolgreich umsetzen, gewinnen gleich doppelt: Außen entsteht ein glaubwürdiger Markenauftritt, innen wächst die emotionale Bindung der Mitarbeitenden - weil sie gehört und gesehen werden.
Content, der wirkt: Storytelling statt Sales Pitch
Was früher als Schwäche galt, ist heute Kernkompetenz: Emotionalität. Das moderne It-Girl scheut keine Tränen, keine Ängste und keine Unsicherheiten. Im Gegenteil - sie nutzt sie, um sich zu positionieren.
Die Offenheit über mentale Gesundheit ist nicht mehr Tabu, sondern Trend - oft ehrlich, manchmal strategisch, aber immer wirksam.
Diese Inhalte performen:
  ● Therapieerfahrungen, ADHS-Diagnosen oder Burnout-Berichte erzeugen hohe Kommentarbereitschaft
  ● Breakdowns in Story-Form - vor der Kamera, ohne Maske - gelten als mutig, nicht peinlich
  ● Reaktionen auf Hate, Shitstorms oder Selbstzweifel werden nicht unterdrückt, sondern verarbeitet - öffentlich und ohne Schnitt
Zwischen Selbstermächtigung und Selbstverwertung
Trotz aller Aufbrüche bleibt ein kritischer Blick notwendig. Denn das neue Spiel um Echtheit hat auch Schattenseiten. Die ständige emotionale Verfügbarkeit führt oft zu digitalem Erschöpfungszustand. Viele It-Girls balancieren auf einem schmalen Grat zwischen echter Offenheit und emotionaler Selbstausbeutung.
Problematische Effekte:
  ● Privates wird öffentlich vermarktet - inklusive Trauma, Beziehungskrisen und Gesundheitsprobleme
  ● Pausen wirken wie Entzug - wer zu lange nichts teilt, verliert Relevanz
  ● Falsche Echtheit wird entlarvt - und hart bestraft von der Community
Es ist ein Paradox: Die Ikone, die sich durch Authentizität definiert, darf sich nicht zu sehr zurückziehen. Sonst verliert sie ihren Status.
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Fazit: Die neue Coolness ist roh, emotional - und politisch
Das It-Girl der Gen Z ist mehr als eine Stilfigur. Es ist eine Projektionsfläche für eine neue digitale Haltung: verletzlich, fluid, hyperbewusst. Es verkörpert die Widersprüche seiner Zeit - und genau darin liegt seine Kraft.
Es hat nicht mehr den Anspruch, bewundert zu werden - sondern verstanden. Nicht mehr gefiltert zu wirken - sondern fühlbar. In einer Welt, die alles inszeniert, ist das mutigste Statement vielleicht genau das: sich (fast) echt zu zeigen.